J. Vague – Silbernes Vinyl
J. Vague – Silbernes Vinyl
Das Vinyl ist auf 150 Exemplare limitiert. Beide Seiten wurden von Hand mit silberner Farbe besprüht.
Es geht immer um Liebe. Um Beziehungen, romantisch oder nicht, um den Raum zwischen dir und mir und der ganzen weiten Welt. Darum geht es auch bei J. Vague: Seine Debüt-EP „New Life“ war trunken vor Verliebtheit, schwindlig vor Gefühlen. Und es war Liebe auf den ersten Blick, für uns, das Publikum, und für J. Vague, den schönen Mann mit dieser umwerfend sanften Stimme und der geheimnisvollen Aura der Anonymität um ihn herum.
Und nun, zwei Jahre später? Die Gefühle sind, wie es in Beziehungen üblich ist, vielschichtiger geworden: J. Vague ist nicht mehr ganz so vage, wir haben ein bisschen mehr über ihn erfahren. Der Mensch hinter der Persona ist Joshua Gottmanns, multidisziplinärer Künstler, mit poppiger Vergangenheit (er war Teil der Bands Beat! Beat! Beat! und Oracles), der sowohl in der Medienkunst und Skulptur als auch im DJing und in der experimentellen Musik zu Hause ist. Und seit neuestem: einfach ein Popstar zu sein. Ohne den zerebralen konzeptuellen Überbau, der zeitgenössischer Kunst normalerweise anhaftet.
Oder ist es tatsächlich da – ohne uns prätentiös zu erzählen, wie clever dieses Werk ist, ohne die ihm innewohnende Coolness zur Schau zu stellen und sich gleichzeitig dem Kitsch und bewusst überzogenen Ästhetiken, Klängen und Gefühlen zuzuwenden?
SILVER ist ein schillerndes Stück Pop, das wie Outfits in einer Umkleidekabine verschiedene Musikstile und Epochen ausprobiert und dabei gerne Y2K-Zitate, zeitgenössische Sounds und große Gesten kombiniert. Da wäre das minimalistische „Get More“, das in eine 80er-Jahre-Synth-Elegie übergeht, oder „Fire Fantasy“, das an die besten Tage des Alternative Rock und Grunge der Neunziger erinnert. Was die verschiedenen Songs in all ihrer Vielfalt eint, ist ein Gefühl der Sehnsucht: „Es geht um die Suche nach einem Gefühl der Zugehörigkeit – egal, ob es um einen Ort, eine Person, eine Situation oder einen Zustand geht“, erzählt uns J Vague, „es geht immer um ein Gefühl der Sehnsucht, eine Leere.“ Auch visuell setzt sich dieses Motiv fort, vom Cover, auf dem sein Gesicht Beuys- oder Bowie-artig in silberner Farbe festgehalten ist, bis hin zu den verschiedenen Videos, etwa zum bereits erwähnten „Fire Fantasy“, den Singles „nothing2hide“ oder „RedLight“: Obwohl J. Vague uns dieser Tage sein Gesicht zeigt, bleibt alles vage, wie eine Traum- oder Albtraumsequenz zwischen Vergangenheit und Zukunft. „Gerade weil ich mich täglich mit visuellen Dingen beschäftige, wollte ich für das Album diesen Aspekt der Platte in die Hände meiner Freunde legen, die die Ideen lieferten und die Produktion der Musikvideos übernahmen.“ Ein Video etwa wurde mit dem Handy auf der Insel Formentera gedreht, was ihm eine irgendwie surreale Unmittelbarkeit verleiht; die Idee für die alienhaft anmutende silberne Maske wiederum stammte von einem Fotografen und einer Visagistin.
Bei aller sprichwörtlichen Vagheit ist SILVER aber auch ein Bekenntnis zur Zusammenarbeit mit Freunden und Weggefährten: Die immer wieder durch andere Projekte unterbrochene Produktion entstand in Zusammenarbeit mit Dennis Juengel, Alina ist an der konzeptionellen Leitung des Projekts beteiligt. Der kollektive Schaffensprozess, geprägt von Austausch, Co-Kuration und Offenheit, schafft für J. Vague auch den Raum, mit ganzem Herzen in die Popmusik einzutauchen, in ihre großen Gesten und glitzernde Unbefangenheit.
SILVER ist in jeder Hinsicht pure Popmusik, doch sie verzichtet darauf, allzu perfektionistisch zu sein und sich auf sanfte, gefällige Nichtigkeiten zu reduzieren. Stattdessen starren uns all unsere Lieblingssongs aus einem Zerrspiegel entgegen, so vertraut und doch so wunderbar fremd. Es ist eine Platte, die uns von gestern und von morgen erzählt, Popmusik voller Nostalgie und doch so zeitgemäß. Es ist Musik mit einem Augenzwinkern, die sich selbst aber trotzdem ernst nimmt, große Gefühle umfasst und sich fast bezaubernd unsicher anfühlt. Und vor allem: Es ist die Art von Popmusik, nach der wir uns so sehr gesehnt haben: lässig, unabhängig, einzigartig und voller Sehnsucht. Denn es ging immer nur um Liebe.